Der Sabbat in 1. Mose 1-3

Der Sabbat bei der Schöpfung

Theologische Schlussfolgerungen aus dem Ablauf der Ereignisse in 1. Mose 1-3

»Nachdem wir uns den Einsetzungsbericht des biblischen Ruhetages näher betrachtet haben, wenden wir uns kurz dem Ablauf der Ereignisse zu, wie sie in den ersten drei Kapiteln der Bibel geschildert werden. Für Menschen, die den christlichen Glauben teilen und die Bibel als Wort Gottes und als letzte Autorität in Fragen des Glaubens und der Lehre akzeptieren, enthält die zeitliche Abfolge des Geschehens in 1. Mose 1-3 bedeutende Schlussfolgerungen. (Sabbat, Schöpfung)

1. Auf des Sechs-Tage-Werk folgte die Einsetzung des von Gott ausgesonderten Ruhetages. Neben diesem Geschenk stiftete der Schöpfer die Institution der Ehe (1 Mo 2,24.25). Mit Recht betonen wir, dass Sabbat und Ehe Geschenke aus dem Paradies sind, ihren Ursprung im status integritatis [1] haben.

2. Der Sabbat und die Ehe sind Schöpfungsordnungen von universeller Bedeutung. Nicht der Mensch schafft die Ehe, wenn er heiratet. Er tritt vielmehr in die vorgegebene Ordnung ein, die er nun seinerseits realisiert. Auch wenn Menschen die Institution der Ehe für sich nicht anerkennen, wie es heute weithin geschieht, bleibt sie doch als Ordnung Gottes bestehen. Genauso ist der von Gott gesegnete und geheiligte siebte Tag eine vorgegebene Ordnung, unabhängig davon, ob der Mensch ihn heiligt oder nicht.

3. Wie die Ehe, so ist auch der ständig wiederkehrende siebte Tag nicht an ein bestimmtes Volk gebunden. Ehe und Ruhetag sind keine jüdischen Einrichtungen. Beide haben ihren Ursprung im Schöpfungshandeln Gottes (Mk 10,6). Zwar werden Ehe und Ruhetag später durch je ein Gebot im Dekalog besonders geschützt (2 Mo 20,8-11.14). Dadurch wird aber weder die Ehe noch der Ruhetag zu einer jüdischen Institution. Christus betont, dass der Sabbat um des Menschen willen gemacht ist (Mk 2,27). Alles, was Menschenantlitz trägt, soll an den Segnungen dieses siebten Tages teilhaben.

4. Der Sabbat und die Ehe wurden vor dem Sündenfall von Gott eingesetzt. Beide Einrichtungen wurden nicht einer Welt gegeben, die von Gott abgefallen war, um dem durch seine Arbeit abgehetzten Menschen einen Tag der Erholung zu geben oder um das durch die Sünde gefährdete Verhältnis der Geschlechter zu ordnen. Nach dem Sündenfall wurde keine der beiden göttlichen Ordnungen zurückgenommen oder außer Kraft gesetzt. Der Schöpfer bleibt auch in der gefallenen Welt, im status corruptionis [2], ›der Herr des Sabbats‹ (Mk 2,28) und der ›Herr der Ehe‹ (Mk 10,6.9).

5. Wenn der Ruhetag vor dem Bruch des Menschen mit seinem Schöpfer eingesetzt wurde, dann kann er keine kultisch-zeremonielle Funktion oder Bedeutung haben. Alle zeremoniellen Einrichtungen des Alten Testamentes sind eine Folge des Sündenfalls und stehen im Zusammenhang mit Sünde und Erlösung. Das Sterben des Sohnes Gottes am Kreuz kann deshalb den biblischen Ruhetag nicht aufgehoben haben. Die Auflösung oder Veränderung des Sabbats mit dem Tod oder der Auferstehung Jesu zu begründen, wie es immer wieder geschieht, ist ein Widerspruch in sich selbst. Der Schöpfer kam nicht als Mensch in seine Schöpfung, um eine von ihm geschaffene Ordnung zu verändern oder außer Kraft zu setzen, sondern um die Folgen der Sünde aufzuheben und den Urheber der Sünde zu besiegen (1 Jo 3,8).

6. Der biblische Ruhetag kann deshalb kein auf Christus hinweisender Schatten sein, der mit der vollbrachten Erlösung am Kreuz seine Verbindlichkeit verloren hat. Wohl kann der siebte Tag, losgelöst vom Schöpfer und Herrn des Sabbats, zu einem bedeutungslosen Schatten für uns Menschen werden. Der Sabbat aber behält seine bleibende Bedeutung als von Gottt gesegneter und geheiligter Tag.

Der Schöpfungssabbat weist auf das Evangelium hin

Der biblische Ruhetag als Ursabbat enthält in seinem Kern das, was wir in der Heilsgeschichte als Ausdruck der Liebe Gottes in seinem Handeln für uns Menschen wiederfinden. Folgende Hinweise lassen das Evangelium im Schöpfungssabbat erkennbar werden:

1. Der Ursabbat enthält das Evangelium vom Ursprung des Menschen. Wir sind hervorgegangen aus der Vaterhand Gottes und sind in ihm geborgen, weil sich Gott am siebten Tag für immer an seine Schöpfung gebunden hat.

2. Der Sabbat ist das sichtbare Zeichen dafür, dass Gott seiner Schöpfung treu bleibt und für die Welt da ist. Der immer wiederkehrende Ruhetag gleicht einem prophetischen Zeichen dafür, dass Gott der ständige Wegbegleiter der Gemeinde ist, vom Schöpfungssabbat bis zu den letzten Tagen der Weltgeschichte.

3. Der Ursabbat offenbart, dass der Mensch nicht aufgrund seiner Leistungen in die Sabbatruhe eingeht. Ohne selbst ein Werk getan zu haben, durfte der erste Mensch auf die Werke schauen, die Gott für ihn bereitet hatte, und an Gottes Ruhe teilhaben.

4. Indem sich der Schöpfer am siebten Tag in die Begrenzung menschlicher Zeit begibt, geht er erstmals und bleibend in unsre irdische Zeit ein. In der Menschwerdung Gottes erreicht dieses göttliche Handeln seinen Höhepunkt.

5. Der Schöpfungssabbat zeigt an, dass Gottes Handeln immer auf Vollendung angelegt ist. Was er beginnt, das führt er auch zum Ziel. Damit rückt der siebte Tag der Schföpfung in das Licht der Zukunft Gottes, d.h. der Ursprung weist auf das Ziel hin. Der erste Sabbat als Tag des Herrn signalisiert, dass es einen letzten Tag des Herrn geben wird, der die Schöpfung trotz allem Abfall und Verderben in die Vollendung, in die vollkommene Ruhe führen wird.«

Autor: Dr. Johannes Mager


Quelle: Johannes Mager: “Sabbat feiern”. Lüneburg 2002, S. 27-30.
Abbildung des Textes mit freundlicher Genehmigung des Advent-Verlages Lüneburg


[1] Dieser theologische Fachbegriff bezeichnet den Urzustand der Menschheit, wie er in den zwei ersten Kapiteln der Bibel geschildert wird, also den Zustand der Unversehrtheit und Sündlosigkeit.

[2] Dieser Begriff bezeichnet den Zustand der Welt und Menschheit nach dem Sündenfall, also den Stand der Verdorbenheit.

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